Ich beende diesen ereignisreichen Tag in Gießen. Die umliegenden Universitätsstädte Mittelhessens, Marburg und Göttingen, hatte ich bereits auf früheren Touren besucht, nun ist die 90.000-Einwohner-Stadt im Lahn-Dill-Kreis an der Lahn mein Ziel.
Mittags ist ein Gewitter-Sturmtief bei uns durchs Rheinland gezogen, gegen 19 Uhr soll es von Südwesten kommend Mittelhessen erreichen. Ich muss mich auf meiner Stadterkundung mit Doxi deshalb ein wenig ranhalten.Als wir von unserem Stellplatz am Freibad ins Zentrum der Stadt laufen, bin ich zunächst ein wenig ernüchtert: Historische Bausubstanz entdecke ich nur ganz vereinzelt.
Wie ich auf einer Infotafel erfahre, wurde nahezu der gesamte historische Stadtkern Gießens durch einen Feuersturm im Anschluss an einen massiven alliierten Luftangriff im Dezember 1944 vernichtet.
Aber die Tafel zeigt auch, wo es noch erhaltene und wiederaufgebaute historische Gebäude zu entdecken gibt, und die schauen wir uns an, soweit sie nicht zu weit vom Zentrum entfernt liegen.
Mittelalterliches Fachwerk ist bis auf wenige Ausnahmen kaum erhalten geblieben. Unter den historischen Gebäuden dominieren Gründerzeit und Klassizismus.
Aber die meiste Bausubstanz ist im Wiederaufbau nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden. Alles den Erfordernissen dieser Zeit unterworfen und keine architektonischen Perlen, wie etwa die bereits wieder abgerissene Behördenhochhaus am Berliner Platz oder die Kongresshalle, sowie das ebenfalls schon wieder abgerissene Stadthaus.
Außerdem wurden die wenigen von den Bombenangriffen verschont gebliebenen Straßenzüge des Stadtkerns im Wiederaufbau zerstört, ebenso wie das durchaus wiederaufbaufähige 500 Jahre alte Rathaus. Heute gelten diese Maßnahmen als Bausünden der fünfziger und sechziger Jahre, damals sah man sie optimistisch als Aufbruch in die Moderne.
Eines der Highlights in der Innenstadt ist sicher der botanische Garten, der 1609 nur zwei Jahre nach der Gründung der Universität entstand. Aber da darf ich mit Doxi nicht rein. Und mein Mädchen am Tor anleinen und mir den Park allein anschauen, ist unter den strengen Augen der ehrenamtlichen Aufpasserinnen auch nicht gestattet. Schade!