Der Januar und der Februar in diesem Jahr waren in ganz Mitteleuropa rekordverdächtig arm an Sonnenstunden. Trotzdem spürt man allenthalben, dass die Natur wieder aus dem Winterschlaf erwacht. Wie kann das sein, habe ich mich gefragt, und ein wenig recherchiert.
Und, Überraschung, auf die Sonnenstunden kommt es gar nicht an. Was zählt, sind die Tagesmittelwerte, also die Temperatur, die zur sogenannten Grünlandtemperatursumme GTS akkumuliert werden.
Man startet im Januar und addiert jeweils die Tagesmittelwerte, wobei Temperaturen unter Null Grad unberücksichtigt bleiben. Die so erhaltene Summe mulipliziert man im Januar mit dem Faktor 0,5, im Februar mit 0,75 und in allen Folgemonaten mit 1. Hört sich kompliziert an, aber funktioniert.
Sobald der GTS einen Wert von 200 erreicht, kann der Boden wieder Stickstoff abgeben und damit beginnt erneut das Pflanzenwachstum. Erst dann macht auch das Düngen wieder Sinn. Jeder Bauer weiß das, aber wenn man nicht gerade in der Landwirtschaft oder in der Meteorologie arbeitet, hat man davon vermutlich noch nie gehört.
Es lässt sich sogar vorhersagen, bei welchen GTS-Werten die verschiedenen Pflanzenarten loslegen. Dies gilt insbesondere für Bäume, Sträucher und Gräser:
Bei 200 Grad beginnen Forsythien und Narzissen zu blühen, bei 400 Grad startet die Vorblüte der Birke, bei 500 Grad setzt die Kirschblüte ein und bei 700 Grad beginnen Apfelbäume und der Löwenzahn zu blühen. Dann ist es aber in der Regel schon Mai.
Und da die GTS je nach Höhenlage und regionalen Besonderheiten sehr unterschiedlich ausfällt, erklärt das z. B., warum bei uns im flachen Rheinland jetzt bereits die Narzissen blühen, während in der deutlich höhergelegenen Eifel erst in einigen Wochen damit zu rechnen ist.
Und es erklärt auch, warum sich mit den steigenden Temperaturen in Folge des Klimawandels das Pflanzenwachstum immer weiter nach vorne verschiebt. Sehr spannend finde ich das.