Drehscheibe vor dem Lokschuppen
Heute habe ich einen bemerkenswerten Ort im Hunsrücker Hochwald nahe der Landesgrenze zwischen dem Saarland und Rheinland-Pfalz besucht: das privat betriebene Eisenbahnmuseum Hermeskeil. Die Ausstellung auf dem Gelände eines ehemaligen DB-Betriebswerks ist der Rost-gewordene Traum des Eisenbahnenthusiasten Bernd Falz.
50 Großdampfloks sowie einige Diesel- und E-Loks ruhen auf dem Gelände neben dem früheren Bahnhof. Viele rotten im Freien dicht an dicht auf den Gleisen vor sich hin, werden von Regen und Pflanzen langsam zersetzt. Moose und Flechten wuchern, Löcher klaffen, die Stahlhaut wirft Schuppen.Man fragt sich unwillkürlich: Ist das jetzt ein Museum oder doch eher ein Friedhof? Wohl etwas von Beidem, denn selbst der Verfall kann das Majestätische der schweren Zugmaschinen mit ihren riesigen Kesseln und Motoren nicht überdecken. Die rostigen Riesen tragen ihre Patina mit Würde.
Außerdem stehen die größten Schätze des Museums gut erhalten und geschützt im Lokschuppen hinter der noch immer funktionstüchtigen Drehscheibe. Die älteste Zugmaschine ist eine preußische T3 aus dem Jahr 1913, eine der jüngsten eine Diesellok aus sowjetischer Produktion, die ab 1975 bei der Deutschen Reichsbahn in der DDR im Einsatz war. Spitzname der viel gefahrenen Baureihe 132/232: Ludmilla.
Was all diese Loks vereint, ist ihre ungeheure Größe. Man ist wirklich erstaunt, wenn man neben diesen riesigen Ungetümen steht oder einen der Führerstände erklimmt. Einige der Loks sind deutlich über 20 Meter lang und teilweise mehr als vier Meter hoch. Und sie wiegen bis zu 180 Tonnen.
Ihr Standort, das aufgegebene und heute zum Museum umfunktionierte Bahnbetriebswerk in Hermeskeil, wurde im Jahr 1888 errichtet. Einrichtungen wie diese waren im Zeitalter der Dampflokomotiven weit verbreitet und für den reibungslosen Eisenbahnbetrieb enorm wichtig. Die Dampfloks wurden hier gewartet und für den Betrieb vorbereitet. Dazu wurden die stählernen Ungetüme mit Wasser, Kohle und Bremssand befüllt, die Schlacke wurde entfernt, die Rauchkammern gereinigt, kleinere Reparaturen durchgeführt.
Durch den Traktionswechsel auf Diesel- und Elektroloks verloren die Bahnbetriebswerke immer mehr an Bedeutung. Ab 1956 löste die Deutsche Bundesbahn die meisten von ihnen auf.
Im Jahre 1976 begann Bernd Falz, Lokomotiven zu sammeln – keine Modelleisenbahnen, sondern echte. Zunächst von der Deutschen Bundesbahn ausgemusterte Dampfloks. Nach der Wende kamen Zugmaschinen aus den Beständen der Deutschen Reichsbahn hinzu, ebenso Loks der rumänischen und bulgarischen Eisenbahnen.
50 Exemplare stehen in Hermeskeil, 100 weitere Zugmaschinen aus seiner privaten Sammlung sind im brandenburgischen Falkenberg/Elster deponiert, 90 Kilometer südlich von Berlin. Beide Sammlungen können in den Sommermonaten besichtigt werden. Für Eisenbahnfans eine echte Augenweide.