Wien ist bekannt für seinen sozialen Wohnungsbau. Während der Zeit des Roten Wiens von 1918 bis 1934, als die Sozialdemokratische Arbeiterpartei wiederholt die absolute Mehrheit vor Ort errang, entstanden im großen Stil Gemeindebauten für die Arbeiterschaft und sozial Schwächergestellte.
Allein zwischen 1925 und 1934, dem Jahr der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, wurden mehr als 60.000 Wohnungen geschaffen.Diese wurden von der Stadt errichtet und betrieben. Dabei ging es weniger darum, Gewinne zu erzielen, sondern günstigen Wohnraum bereitzustellen.
Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieg setzte erneut eine starke Bautätigkeit bei Gemeindebauprojekten ein, die zumeist in Hofform mit vier bis sechs Etagen angelegt wurden.
Die Architektur dieser Anlagen war zweckmäßig und schlicht, verglichen mit den prachtvollen Bürgerhäusern im Herzen der Stadt. Es waren aber alles andere als trostlose Mietskasernen, sondern mit Grünanlagen und Sozialeinrichtungen versehene, moderne Unterkünfte.
Ein Teil der Wohnungen war sogar mit Balkonen ausgestattet, was zum damaligen Zeitpunkt normalerweise nur bürgerlichen Schichten vorbehalten war. Bäder und Toiletten mussten sich die Bewohner einer Etage bzw. Abschnitts jedoch teilen.
Einer der bekanntesten Gemeindebauten Wiens ist der Karl-Marx-Hof im nördlichen 19. Wiener Gemeindebezirk Döbling. Er wurde 1930 eröffnet und galt zu seiner Zeit als längster zusammenhängenden Wohnbau der Welt.
Auffällig ist vor allem die unverwechselbar gestaltete Hauptfassade. Sie wird durch vier bogenförmige Durchfahrten gegliedert. Die Verbindung aus Bögen, Balkonen und Türmen wird farblich durch ein kräftiges Rot betont, während der Rest des Mitteltrakts in zartem Gelb optisch zurücktritt.
Vieles, was zu damaligen Zeit als fortschrittlich galt, ist heute nicht mehr zeitgemäß. Deshalb werden Wohnungen durch Zusammenlegung vergrößert, Badezimmer und Aufzüge eingebaut, wodurch die Anlage immer noch ein beliebter Wohnort ist.