Die perfekte Mittelalter-Kulisse

Die perfekte Mittelalter-Kulisse
Rothenburg o.d.T., 8.05.2025

Eines der beliebtesten Stadtmotive von Rothenburg: Das schmale Plönlein (Mitte) mit dem Sieberstor (links) und dem Kobolzeller Tor (rechts)

Rothenburg ob der Tauber war die erste Stadt, die mich auf meinen beginnenden Womo-Reisen so richtig geflasht hat. So viel Mittelalter pur, das hatte ich bis dahin noch nirgendwo gesehen.

Damals waren die Wohnmobil-Stellplätze bei weitem noch nicht so übervoll wie heute und Doxi ein süßer Junghund, der auf den steilen Aufstiegen der Rothenburger Stadtmauer das Treppensteigen gelernt hat.

Das liegt mehr als zehn Jahre zurück. Heute ist meine geliebte Doxi eine alte Dame und ich bin – vermutlich – auch nicht jünger geworden. Aber noch immer sind wir Beide gemeinsam mit dem Womo unterwegs. Und endlich auch einmal wieder in Rothenburg ob der Tauber.

Es ist die weitgehend erhaltene mittelalterliche Altstadt mit zahlreichen Baudenkmälern und Kulturgütern, die Besuchergruppen aus aller Welt nach Rothenburg lockt. Insbesondere Amerikaner und Asiaten lieben diese Stadt.

Der entscheidende Vorteil von Rothenburg: Trotz der Zerstörungen im Zweiten Weltkrieg sind dank des schlichten, unauffälligen Wiederaufbaus praktisch keine modernistischen Brüche erkennbar.

Der historische Stadtkern ist von einer begehbaren Stadtbefestigung umgeben und in die weitgehend unverbaute Landschaft des Taubertals eingebettet. Man müsste nur die Autos und die Verkehrsschilder wegräumen – sofort könnte man hier einen Mittelalter-Film drehen.

Von 1274 bis 1803 war Rothenburg eine Reichsstadt. Nach dem Dreißigjährigen Krieg verlor die Stadt an Bedeutung. Ansätze zur Industrialisierung waren im 19. Jahrhundert zwar vorhanden, aber ein dafür benötigter Eisenbahnanschluss fehlte bis 1881.

In den Zeiten des Deutschen Wirtschaftswunders ab 1950 wurde die Stadt zu einem der Höhepunkte an der Romantischen Straße, der ersten Ferienstraße Deutschlands. Seitdem ging es touristisch stetig bergauf. Es fällt schwer, diese Stadt nicht zu mögen.

( MITI )

Creglingen an der Tauber

Creglingen an der Tauber
Creglingen, 7. Mai 2025

Wehr an der Tauber-Brücke

Meine letzte Station im Taubertal heute: Creglingen auf halber Strecke zwischen Bad Mergentheim und Rothenburg ob der Tauber. Hier kann sich Doxi zum ersten Mal so richtig in der Tauber stärken, denn hinter dem großen Wehr an der Tauberbrücke ist der Fluss besonders seicht.

Erstmals schriftlich erwähnt wurde Creglingen 1045 in einer Urkunde des Bischofs von Bamberg. Im Jahr 1088 gelangte der Ort in den Besitz des Klosters Comburg.

Einer Sage nach fand am 10. August 1384 ein Bauer beim Pflügen am rechten Hang des Herrgottstalbachs südlich von Creglingen eine unversehrte Hostie. Über dem Fundort errichtete man 1389 die Herrgottskirche, die Konrad IV. von Hohenlohe-Brauneck stiftete. In ihr steht der Marienaltar Tilman Riemenschneiders, den dieser um das Jahr 1505 schuf.

In die deutsche Geschichte eingegangen ist Creglinen als erster Ort, in dem ein jüdischer Mitbürger, der angesehene Kaufmann Hermann Stern, von Nazis brutal gefoltert und ermordet wurde, und zwar bereits kurz nach der Machtergreifung im Frühjahr 1933 – also lange vor der Kristallnacht und bevor die systematische Judenverfolgung begann. Aber das sieht man dem Ort heute natürlich nicht mehr an.

( MITI )

Stadt und Schloss Weikersheim

Stadt und Schloss Weikersheim
Weikersheim, 7.05.2025

Schloss Weikersheim, aus der Orangerie gesehen

Zehn Kilometer östlich von Bad Mergentheim liegt an der Tauber der kleine Ort Weikersheim, der besonders für sein schönes Schloss und den prächtigen Schlosspark bekannt ist.

Die Schlossanlage grenzt an die Tauber, deren hohe Wasserqualität auch dadurch zum Ausdruck kommt, dass sich hier ausgedehnte Seerosenfelder kurz vor einem großen Wehr im Fluss erstrecken.

Das hübsche historische Ortszentrum bildet die Kulisse für die beeindruckende Schlossanlage. Da ich mit Doxi unterwegs bin, muss ich auf eine Schlossbesichtigung verzichten, aber in den Park darf sie mit.

Weikersheim ist der älteste Stammsitz des Hauses Hohenlohe, dessen 1153 erwähnter Stammvater Konrad sich noch „von Weikersheim“ nannte. Von den im 13. Jahrhundert aufgespaltenen Linien des Hauses – Hohenlohe, Weikersheim und Brauneck – blieb ab dem 15. Jahrhundert nur die Linie Weikersheim übrig.

An der Stelle des heutigen Schlosses befand sich ursprünglich eine Wasserburg im Stau der Tauber. Diese wurde ab dem Jahr 1595 als Schloss im Renaissancestil umfassend erweitert. Kern und Prachtstück des Schlosses ist der Rittersaal mit einer aufwändig bemalten Kassettendecke.

Es waren die Truppen des aus meinem Heimatdorf im Rheinland stammenden Reitergenerals Jan van Werth, die das Schloss im Dreißigjährigen Krieg vollständig plünderten. Die Pracht des Rittersaals jedoch blieb erhalten.

Im frühen 18. Jahrhundert wurde die Schlossanlage durch einen dreiachsigen Barockgarten mit Orangerie ergänzt. Er ist ein wunderbarer Ort zum Flanieren und setzt das hervorragend erhaltene Schloss hervorragend in Szene. Ein wirklich beeindruckendes Ensemble. Gut, dass ich auf meinem Weg durch das Taubertal nicht einfach an Weikersheim vorbeigefahren bin.

( MITI )

Bad Mergentheim an der Tauber

Bad Mergentheim an der Tauber
Bad Mergentheim, 6. Mai 2025

Heute ist Markttag und das historische Zentrum entsprechend gut besucht

Vom kleinen Lauda fahren wir weiter in die deutlich größere Kreisstadt Bad Mergentheim mit fast 25.000 Einwohnern, einem Mittelzentrum der Region Heilbronn-Franken.

Die 1058 erstmals urkundlich erwähnte Stadt war von 1525 bis 1809 Dienstsitz des Hochmeisters des katholischen Deutschherrenordens, der in der Nachfolge der Ritterorden aus der Zeit der Kreuzzüge stand.

Von der Macht dieses Ordens zeugt bis heute das große Schloss am Rande der prächtigen Altstadt, die sich an die Tauber schmiegt. Beeindruckend u.a. die riesige Reitertreppe im Schloss.

Durch die Ordens-Präsenz in Mergentheim kam es im späten Mittelalter zu zahlreichen Hexenprozessen, bei denen auch prominente Bürger wie die Frau des Bürgermeisters Magdalena Nachtrab nicht verschont blieben. Allein für die Zeit von 1539 bis 1665 sind 74 Opfer namentlich bekannt.

Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Stadt aufgrund der Präsenz mehrere Heilquellen zu einem beliebten Kurort. Auf der nordöstlichen Seite der Tauber liegt heute der große und aufwändig inszenierte Kurpark mit Kurhaus, Brunnentempel, Aufführungsbühne und See. Insgesamt eine sehr sehenswerte Stadt, wie ich finde.

( MITI )

Winzerort Lauda an der Tauber

Winzerort Lauda an der Tauber
Lauda, 6. Mai 2025

Anfahrt durch den Neckar-Odenwaldkreis

Von Amorbach geht es in das schöne Taubertal, wo ich der Tauber flussaufwärts bis in das historische Rothenburg folgen möchten.

Meine erste Station ist der kleine Winzerort Lauda, wo der Rennfahrer Nicki Lauda geboren wurde (nein, nur Spaß).

Lauda liegt südlich von Tauberbischofsheim im Main-Tauber-Kreis, dem nördlichsten Landkreis Baden-Württembergs. Die Region ist historisch als Tauberfranken bekannt. Auf dem Weg durch die leicht hügelige Landschaft begegnen mir viele Rapsfelder, die jetzt weithin sichtbar gelb leuchten.

Zahlreiche künstlerisch bedeutende, im 16. Jahrhundert entstandene Bildstöcke, das Rathaus von 1561 und Fachwerkhäuser des 16. Jahrhunderts weisen auf einen beträchtlichen Wohlstand in Lauda hin. Auf mich wirkt der Ort heute ein wenig verschlafen, aber in jedem Fall hübsch anzusehen.

( MITI )

Gesucht wird: der Bach der Liebe

Gesucht wird: der Bach der Liebe
Amorbach, 6.05.2025

Blick auf den Marktplatz

Huch, plötzlich sind wir in Bayern. Von Michelstadt (Hessen) sind wir durch den südöstlichen Odenwald hinabgestiegen nach Amorbach und das gehört bereits zum unterfränkischen Kreis Miltenberg.

Der hübsche kleine Ort mit knapp 4.000 Einwohnern liegt im Mudtal, wo sich die Mudau auf den Main zubewegt, den sie knapp 10 km weiter nördlich bei Miltenberg erreicht. Amorbach ist Teil des Naturparks Bayerischer Odenwald, wo die ländlich geprägten Ortschaften von Wald, Wiesen und Feldern umgeben sind.

Die Gemeinde im heutigen Grenzgebiet von Hessen, Bayern und Baden-Württemberg entstand aus dem Benediktinerkloster Amorbach, und wechselte im Lauf der Jahrhunderte wiederholt den Landesherrn. Den Amorbach gibt es aber gar nicht, wie ich als Erstes erfahre. Das ist einfach ein historischer Name.

Von unserem Parkplatz am Billbach steigen wir zur katholischen Pfarrkirche St. Gangolf auf, die für ihre reiche Barockausstattung u.a. mit aufwändigen Deckenmalereien und einer großen Orgel bekannt ist.

Weiter geht es in das hübsche und gepflegt wirkende Orstzentrum mit historischen Bauten, darunter die Zehntscheune. Ursprünglich für die Aufbewahrung der Naturalsteuer (das Zehnt) an den Mainzer Kurfürsten erbaut, wurde sie seit den 1960er Jahren als Kino betrieben und beherbergt heute eine Kleinkunstbühne.

Am südlichen Ortsrand treffe ich auf das ehemalige Benediktinerkloster, das im Jahre 743 als eine der frühesten Klostergründungen im mainfränkischen Raum entstand. Die weitläufige Anlage wird nach außen durch eine imposante Klosterkirche mit prächtiger Barockfassade repräsentiert. Seit der Aufhebung des Klosters und Säkularisation 1803 gehören die Gebäude und Ländereien den Fürsten zu Leiningen.

Während ich so vor mich hin schlendere und gerade denke, dass ich es hier in Amorbach richtig nett finde, stehe ich plötzlich vor einer Bank, über der ein Zitat des Frankfurter Philosophen und Soziologen Theodor W. Adorno prangt, der regelmäßig als Stammgast in Amorbach weilte: „der einzige Ort auf diesem fragwürdigen Planeten …, in dem ich mich im Grunde noch zuhause fühle“. Na, das ist doch mal ein Lob aus berufenem Munde.

( MITI )