Mein Besuch des Erzgebirges war kurz, doch er hat ausgereicht, um mir einen Eindruck von beliebtesten Stilen für historische Türen und Portale in der Region zu verschaffen. Hier meine „Ausbeute“ aus fünf Städten.
Motorradstadt Zschopau
Blick auf die Altstadt von Zschopau
Zschopau, diese Stadt kannte in der DDR jeder, weil von dort die begehrten MZ-Motorräder stammten. Die Stadt entstand rings um die Burg, die Mitte des 12. Jahrhunderts zum Schutz der hier den Fluss Zschopau querenden Salzstraße errichtet wurde.
Ab dem 14. Jahrhundert wurde auch Bergbau betrieben, woraufhin Zschopau 1493 Privilegien einer „Freien Bergstadt“ erteilt wurden. Die Bedeutung blieb jedoch immer hinter den großen Bergstädten im Erzgebirge zurück.Die Entwicklung von Handwerk und Gewerbe wurde durch den Handelsweg begünstigt. Später entwickelten sich Textilmanufakturen und Spinnereien, die am Beginn des 19. Jahrhunderts den frühen Wandel Zschopaus zur Industriestadt anstießen.
In Zschopau wurden seit 1922 Motorräder gebaut. Hier entstand 1926 das erste Motorrad-Fließband der Welt. Die Zschopauer Motorenwerke mit ihrer Marke DKW waren im Jahr 1928 die weltweit größte Motorradfabrik. Auch zu DDR-Zeiten gehörte das Motorradwerk nach Stückzahlen zu den weltweit größten Motorradproduzenten. Als begeisterter Motorradfahrer denke ich beim Besuch der Stadt: Leider ist auch das heute Geschichte.
Hoch über dem Schwarzwasser
Auffahrt zum Schloss
Schwarzenberg gilt als Perle des Erzgebirges. Zum Schutz eines überregionalen Handelsweges wurde dort im 12. Jahrhundert auf einem Felsriegel oberhalb des Flusses Schwarzwasser eine Befestigungsanlage errichtet, die als Schloss Schwarzenberg bis heute existiert.
Durch das Zentrum mit der historischen Altstadt Stadt führen die Silberstraße und der Bergwanderweg Eisenach–Budapest.Die lange Geschichte der Schwarzenberger Metallverarbeitung wurde durch die reichen Erzvorkommen der Stadt und ihre verkehrsgünstige Lage an alten Handelsstraßen begründet. Bereits für das Jahr 1380 ist ein erstes Hammerwerk beurkundet.
Bis zum Ende der DDR entwickelte sich die Stadt zum wichtigsten Waschmaschinenproduktionsstandort Osteuropas. Der VEB Waschgerätewerk Schwarzenberg exportierte auch viel in die BRD, wo die Produkte unter Eigennamen u.a. von Quelle und Otto vertrieben wurden.
Geschichte schrieb die Stadt am Ende des Zweiten Weltkriegs, als die Stadt nach der deutschen Kapitulation noch für 42 Tage unbesetzt blieb. Warum zunächst keine Besetzung der Alliierten erfolgte, ist ungeklärt, angeblich lagen dem Missverständnisse zwischen den russischen und den amerikanischen Truppen zu Grunde.
Überregional bekannt wurde diese Episode der „freien Republik Schwarzenberg“ durch einen Roman von Stefan Heym aus dem Jahre 1984, der internationale Aufmerksamkeit erhielt. Ein kurioser Moment deutscher Geschichte.
Auf dem Fichtelberg
Blick vom Gipfel auf die letzte verbliebene Schneepiste des Winters
Der Fichtelberg bei Oberwiesenthal ist mit 1214 m ü. NHN der höchste Berg in Sachsen. Und er war bis zur Wiedervereinigung die höchste Erhebung in der DDR.
Gemeinsam mit dem nahe gelegenen Klínovec (Keilberg) auf tschechischer Seite bildet er das bedeutendste Wintersportzentrum des Erzgebirges.Im Skistadion auf halber Höhe zum Gipfel finden u.a. die beliebten Biathlon-Wettbewerbe statt, die regelmäßig tausende von Zuschauern nach Oberwiesenthal locken.
Eigentlich wollte ich mit Doxi vom Skistadion hinauf zum Gipfel wandern. Doch die Wanderwege sind an den schattigen Stellen vielerorts noch mit Eis bedeckt und schwierig zu gehen. Deshalb brechen wir das ab und fahren mit dem Womo hinauf zum Gipfel.
Dort erwarten uns fantastische Fernblicke hinunter ins böhmische Tiefland und gegenüberliegend ins deutsche Erzgebirge. Der größte Teil des Bergs ist nach dem Winter bereits schneefrei, doch eine Skipiste ist noch in Betrieb. Der Lift läuft und mit einer Kabinenbahn kommen Skifahrer von Oberwiesenthal hinauf. Dabei ist heute schon Frühlingsanfang. Was für ein Kontrast.
Im Herzen des Erzgebirges
Rathaus am Marktplatz
So langsam bin ich auf der Rückreise von der Lausitz in Richtung Heimat. Doch vorher möchte ich noch einige Stationen im Erzgebirge an der Grenze zwischen Sachen und Böhmen (Tschechien) besuchen. Die Grenze verläuft knapp nördlich der Gebirgskammlinie. Es wird also steil.
Die Region diesseits und jenseits der Grenze ist vom Erz- und Silberabbau geprägt und wurde ab dem Mittelalter intensiv besiedelt. Der Bergbau hat die Landschaft mit Halden, Stauanlagen, Gräben und Pingen an vielen Stellen geprägt.Und er hat der Region einst massiven Wohlstand gebracht, auch weil viele Industrien entstanden, die die geförderten Bodenschätze vor Ort verarbeitet haben. Doch das ist lange her.
Ich starte meine kleine Erzgebirgstour in Annaberg-Buchholz, der Großen Kreisstadt des sächsischen Erzgebirgskreises. Sie ist zugleich die bevölkerungsreichste Stadt des Landkreises und dessen Verwaltungssitz.
Das Stadtbild im Zentrum wird von Gründerzeit-Bauten aus der Zeit zwischen 1870 und 1910 geprägt. Mitttelalterlich ist dort praktisch gar nichts mehr. Und es geht steil bergauf und bergab, was typisch für die Städte der Region ist.
Typisch vielleicht auch die Unzufriedenheit mit den Verhältnissen im Hier und Heute. In der Haupteinkaufsstraße erlebe ich eine ganz normale bürgerliche Frau um die 60 Jahre laut über den „Schweinestaat“ schimpfen, der alles kaputt gemacht hat und nichts hinbekommt. Die DDR hat sie damit wohl eher nicht gemeint. So schlechte Laune, und das schon am Morgen …
Kulturhauptstadt Europas 2025
Das Symbol der Stadt, liebevoll „Nischel“ genannt
Als Kulturhauptstadt Europas zieht Chemnitz, das frühere Karl-Marx-Stadt, in diesem Jahr viel Aufmerksamkeit auf sich. Auch mich hat das in die Stadt am Fluss Chemnitz gelockt.
Ich bin zwei Stunden mit dem Fahrrad durch das Zentrum von Chemnitz gecruised, vom Schlossberg über die Innenstadt zum Bahnhof und rüber in die Viertel hinter den Gleisen, wo sich die Stadt aus dem Talkessel erhebt.
Chemnitz ist vielfältig und bunt, das stimmt. Allerdings habe ich nur wenig von Aufbruch und Aktion und der hochgelobten Subkultur wahrgenommen. Doch vielleicht habe ich einfach an den falschen Stellen geschaut. Und vielleicht hätte ich länger bleiben müssen. Aber nach einem halben Tag Chemnitz hatte ich irgendwie genug.