Selten, dass ich durch eine Kunstausstellung laufe und erst einmal so gar keine Idee habe, was das alles soll und wo hier der künstlerische Wert liegen mag.
Doch so erging es mir heute bei der Einzelausstellung von Peter Piller im Kunstverein der Rheinlande und Westfalen, bis … ja, bis ich den Ausstellungskatalog zur Hand nahm. Da lichtete sich der Nebel in meinem Kopf.
Piller war von 2006 bis 2018 Professor für Fotografie im Feld zeitgenössischer Kunst an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig. Seit Oktober 2018 leitet er die Klasse für Freie Kunst an der Kunstakademie Düsseldorf.
Bei seinen Aufnahmen steht nicht so sehr das einzelne Motiv im Vordergrund, das durchaus trivial, unprofessionell oder ganz einfach belanglos sein mag. Vielmehr geht es um Serien, deren Einzelaufnahmen ein bestimmtes Thema, ein Gedanke, ein Ereignis oder eine Meta-Ebene als Klammer verbindet.
Piller greift dabei gerne auf Aufnahmen zurück, die in anderen Medien oder Kontexten bereits publiziert wurden.
Wie bei den drei ersten unten gezeigten Motive, die aus einer populären DDR-Armeezeitschrift stammen und der Unschuld junger Frauen militärische Motive mit ähnlicher Anmutung gegenüberstellen.
Oder die Serie, in der Piller Fotos aus ganz unterschiedlichen sozialen Kontexten präsentiert, alle aufgenommen nach den Anschlägen auf das World Trade Center, als in Deutschland zu einer Minute stillen Gedenkens aufgerufen wurde.
Spannend zu beobachten, wie sich die Menschen in diesem Moment bemühen, traurig, andächtig oder betroffen, aber zumindest nicht teilnahmslos zu wirken.
In einer anderen Serie zeigt er das eine offizielle Motiv des amerikanischen Erstschlags auf Bagdad am Beginn des Irakkriegs und wie dieses Motiv in unterschiedlichen Ausschnitten, Farbintensitäten und auf unterschiedlichem Papier gedruckt damals sprichwörtlich um die Welt ging.
Oder Motive aus der Foto-Datenbank einer Schweizer Versicherung, alle aufgenommen von Geschädigten, um einen Versicherungsfall zu dokumentieren.
Hintergründig auch die Sammlung von harmlos wirkenden Motiven mit Blumen aus einem afghanischen Lehrbuch für den Biologie-Unterricht, erschienen in den noch friedlichen 1970er Jahren.
Diese Aufnahmen kontrastiert Piller mit dem Motiv einer geöffneten, rotbefeckten Hand, die das Leiden des afghanischen Volkes symbolisieren könnte. Doch die Hand ist nicht blutverschmiert und mit Patronen gefüllt, wie man auf einen flüchtigen Blick hin glauben könnte. Sondern es ist der Saft reifer Beeren, die süß und verzehrbereit in der offenen Handfläche liegen. Die Botschaft dahinter lautet: Genaues Hinschauen lohnt sich.