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Länderdreieck D / PL / CZ

Länderdreieck D / PL / CZ
Zittau, 12. März 2025

Dreiländereck an der Neiße von tschechischem Staatsgebiet aus gesehen

Tag
2
Ich mag ja Grenzen. Nicht nur Landesgrenzen, sondern Grenzziehungen ganz allgemein als Konstrukt unseres Geistes, wo hier das eine gilt und dann plötzlich – es ist nur ein kleiner Schritt – etwas ganz anderes.

Heute habe ich das Dreiländereck von Deutschland, der Tschechoslowakei und Polen am Rande von Zittau besucht. Die Neiße bildet hier den Grenzfluss zu den beiden östlichen Nachbarstaaten. Deren Grenze wiederum wird durch einen kleinen Bach gebildet, der am Dreiländereck in die Neiße mündet.

Am besten kommt man dorthin, indem man am Rande von Zittau über die Neiße nach Polen wechselt und dann zu Fuß ein Stück weit dem Flussverlauf in südlicher Richtung folgt.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war diese Grenze zwischen den drei sozialistischen Bruderstaaten streng gesichert und für normale Bürger gar nicht zugänglich.

Doch nach der Deutschen Wiedervereinigung und dem Zerfall des Ostblocks hat man den Ort markiert und ein wenig ausgeschmückt. Neben den drei Landesflaggen weht im Mittelpunkt eine Europaflagge.

Auf polnischer Seite gibt es dazu ein überdimensionales Kreuz mit Jesusfigur, auf deutscher Seite ein einfaches Holzkreuz und auf tschechischer Seite eine Stele aus Stein.

Nachdem ich mir das Dreiländereck mit Doxi angeschaut habe, fahre ich kurz rüber nach Polen, um günstig zu tanken und im Supermarkt einige polnische Produkte einzukaufen, die mir von Freunden empfohlen wurden.

Beim Wiedereintritt nach Deutschland erwartet mich hinter der Neißebrück eine mobile Grenzkontrolle der Bundesgrenzschutz. Ich rechne fest damit, als Wohnmobil mit Kennzeichen aus einer fremden Region (und viel Platz für illegale Migranten) angehalten und kontrolliert zu werden, doch ich darf einfach passieren

( MITI )

Ganz weit rechts unten

Ganz weit rechts unten
Zittau, 12. März 2025

Rathaus von Zittau

Tag
2
Zittau ist die südöstlichste Stadt in Sachsen. Sie befindet sich an der Neiße, unmittelbar am Dreiländereck von Deutschland, Polen und der Tschechoslowakei. Die Kernstadt liegt im Zittauer Becken am Fuße des sich südlich anschließenden Zittauer Gebirges.

Das ursprünglich von Slawen besiedelte Gebiet wurde im 10. Jahrhundert deutsch. Im Mittelalter lag Zittau an strategisch günstiger Position zwischen dem prosperierenden Böhmen und der damals brandenburgischen Oberlausitz.

Ab etwa 1680 brachte die Brauerei und die Tuchmacherei der Stadt enormen Wohlstand. Als eine von wenigen europäischen Städten befand sich Zittau zu dieser Zeit im Besitz einer Schnellwaage. Dieses Meisterwerk der Mechanik war so empfindlich, dass bereits ein darauf gelegter Groschen zum Ausschlag führte.

Nach dem Zweiten Weltkrieg gab es Bestrebungen, Zittau der Tschechoslowakei anzugliedern, doch die Stadt blieb deutsch. Allerdings geriet sie durch die Abtrennung der Verkehrswege nach Polen und in die Tschechoslowakei in eine extreme Randlage. Und das merkt man der Stadt bis heute an, auch wenn die Grenzen seit 1990 wieder offen sind.

( MITI )

Im Stasi-Knast von Bautzen

Im Stasi-Knast von Bautzen
Bautzen, 11. März 2025

Haftblock in Bautzen II

Tag
1
„Seil still, oder willst Du nach Bautzen?“ lautete ein geflügeltes Wort in der DDR, das wohl jeder DDR-Bürger kannte. Es bezog sich auf die beiden großen Gefängnisse in der ostsächsischen Stadt, in denen niemand gerne einsitzen wollte.

Im Stasi-Knast von Bautzen

Bautzen I, das „Gelbe Elend“

Bautzen I, das „Gelbe Elend“, war eine bereits in der Kaiserzeit errichtete Haftanstalt. Überregionale Bekanntheit erlangte Bautzen I als „Speziallager Nr. 4“ der Sowjetischen Militäradministration nach dem Zweiten Weltkrieg und als Synonym für politische Verfolgung in der DDR.

Auch meine Familie aus dem Westen kannte über zwei Ecken entfernte Verwandte aus dem Osten, die dort wegen Republikflucht eingesessen haben.

Aufgrund der unzumutbaren Haftbedingungen brachen dort im März 1950 zwei Häftlingsaufstände aus, die von der Deutschen Volkspolizei brutalst niedergeschlagen wurden.

Im Zuge dieses Aufstandes gelangten zwei Briefe der Häftlinge als Hilferuf in die Bundesrepublik, wo sie von Herbert Wehner beim Parteitag der SPD vorgelesen wurden. Durch diese Briefe wurde die Öffentlichkeit auf Bautzen als Ort politischer Verfolgung aufmerksam.

Bautzen II unterstand ab 1956 bis zum Ende der DDR als Sonderhaftanstalt dem Ministerium für Staatssicherheit (MfS) und wurde zu einem Hochsicherheitstrakt mit 200 Haftplätzen für politische Sondergefangene („Stasi-Knast“) ausgebaut.

Bekannt wurde Bautzen II durch die Unterbringung von Regimekritikern, westdeutschen, ausländischen und prominenten DDR-Häftlingen. Gefangene wurden dabei teilweise nur mit ihrer Nummer angesprochen. 1963 wurde die Anstalt organisatorisch von der Haftanstalt Bautzen I abgetrennt und als eigenständige Strafvollzugsanstalt geführt. Zur Tarnung blieb die Haftanstalt Bautzen II nominell eine Einrichtung des Innenministeriums.

Heute ist in den Gebäuden von Bautzen II die Gedenkstätte Bautzen untergebracht. Sie berichtet über die Geschichte der beiden Gefängnisse, über den Gefangenenalltag dort, die Praktiken und Verhörmethoden der Stasi und lässt Zeitzeugen und ehemalige Inhaftierte zu Wort kommen. Ganz schön gruselig ist das, wenn man heute durch das leere Gefängnis streift.

( MITI )

Hauptstadt der Oberlausitz

Hauptstadt der Oberlausitz
Bautzen, 11.03.2025

Blick vom Spreeufer hinauf zur Stadt

Tag
1
Nach sechsstündiger Fahrt bin ich wohlbehalten in Bautzen angekommen, der historischen Hauptstadt der heute sächsischen Oberlausitz mit knapp 40.000 Einwohnern.

Die Stadt an der noch jungen Spree ist das politische und kulturelle Zentrum der Sorben, einer westslawischen Ethnie mit eigener Sprache und Kultur. Die zumeist deutschen Staatsbürger machen etwa 5 bis 10 % der Bevölkerung aus. Alle Straßenschilder in Bautzen sind deshalb seit 1991 zweisprachig gehalten: in Deutsch und Sorbisch.

Die zweitgrößte Stadt der Oberlausitz (nach Görlitz) verfügt über einen sehenswerten historischen Stadtkern, der sich um die Ortenburg bildete, die bereits im Jahr 1002 urkundlich erwähnt wurde. 1635 kam das seit der Reformation überwiegend protestantische Bautzen gemeinsam mit dem Markgraftum Oberlausitz zum Herzogtum Sachsen.

Das Stadtbild wird durch mehrere historische Türme und Kirchen geprägt, die Bautzen schon im 19. Jahrhundert den Beinamen „sächsisches Nürnberg“ eintrugen. Einer der bekanntesten Türme ist der Reichenturm, der auch als „Schiefer Turm von Bautzen“ bezeichnet wird.

Wie man hier tief im Südosten der Republik politisch denkt, erlebe ich schon am ersten Abend. Und das gleich doppelt. Erst gelingt es mir nur nach aufwändiger Suche einen Zeitschriftenhandel ausfindig zu machen, der auch den SPIEGEL führt.

Als ich das Heft auf den Tresen lege, zieht die Verkäuferin markant die Augenbrauen hoch und murmelt sarkastisch etwas von Qualitätsjournalismus. Spontan erwidere ich: „Ein Hoch auf die Lügenpresse“, was sie aber gar nicht komisch findet.

Fünf Minuten später gerate ich in eine der letzten Montagsdemos auf deutschem Boden. Die Versammlungen der „Mahnwache Bautzen“ sind Treffpunkt für Rechtsextremisten aus ganz Ostsachsen, wie jüngst das sächsische Landesamt für Verfassungsschutz berichtete.

Ich erkenne in der Dunkelheit nicht viel von den engagierten Volksgenossen, aber die mitgeführten Nationalflaggen des Kaiserreichs und des Dritten Reichs in Schwarz, Rot, Weiß sprechen für sich. Die AfD-Sachsen sieht in den wiederkehrenden Versammlungen einen anhaltenden Friedensappell. Ist klar!

( MITI )