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Zwangsstop in Werder/Havel

Zwangsstop in Werder/Havel
Werder/Havel, 23.04.2019

Doxi am stürmisch aufgepeitschten Zernsee

Tag
10
Man, war das ein Horror-Tag! Auf unserer aktuellen Womo-Tour durch die ostdeutschen Bundesländer haben wir viele schöne Eindrücke gesammelt, aber das heute war einfach nur fürchterlich. Morgens um sechs habe ich noch ganz gemütlich im Schein der aufgehenden Morgensonne Yoga praktiziert. Anschließend sind wir losgefahren von Bad Belzig in Richtung Spreewald.

Wir waren keine 40 Kilometer auf der Autobahn unterwegs, da ist mir im Autobahndreieck Potsdam, am Zusammenfluss der viel befahrenen Autobahnen A9 und A10, ein Reifen geplatzt. Genau der Reifen, den ein führerloses Fahrzeug vor zwei Tagen touchiert hatte, als wir in Wiesenburg/Mark standen.

Ich hatte total Mühe, das Womo unter Kontrolle zu halten und auf den Standstreifen zu lenken. Doxi war ganz schön in Panik und auch ich war schwer gestresst, da links und rechts von uns ein 40-Tonner nach dem anderen vorbeirauschte.

Nachdem ich Doxi endlich hinter einer Leitplanke in Sicherheit gebracht hatte, habe ich den ADAC kontaktiert. Fast 90 Minuten musste ich anschließend im donnernden Lärm der Autobahn auf den Pannendienst warten. Und der ADAC-Pannenhelfer hatte es auch nicht leicht, neben dem laufenden Schwerlastverkehr den total zerstörten Reifen an meinem 4 Tonnen  schweren Wohnmobil auszubauen und den Ersatzreifen aufzuziehen.

Anschließend bin ich zum nächstgelegenen Reifenhändler in Autobahnnähe gefahren, aber der hatte wie erwartet keinen passenden Ersatzreifen für mich auf Lager, sondern musste erst einen bestellen. Und das heißt: zwei bis drei Tage vor Ort warten – in diesem Fall in Werder an der Havel, wo ich vor vier Jahren schon einmal schöne Tage auf dem Womo-Stellplatz am Havel-See verbracht hatte.

Doch leider ist dieser Stellplatz zurzeit wegen eines Volksfestes gesperrt und einen Ersatzplatz gibt es nicht. Also habe ich mir am Stadtrand von Werder einen Waldparkplatz zwischen einer Wohngegend und einer Laubensiedlung gesucht. Dort standen wir unter hohen Pappeln, die bedrohlich über uns rauschten und sich im Wind hin- und herwogen, weil über dem Havelsee ein Sturm herauf zog, der den Rest des Tages anhalten sollte.

Ich musste erst einmal durchatmen und das Erlebte verdauen. Am liebsten hätte ich mir einfach die Decke über den Kopf gezogen. Doch dann bin ich trotzdem noch rausgegangen und mit Doxi 14 Kilometer gelaufen. Aber am Abend habe ich mich tatsächlich sehr früh ins Bett verdrückt – einfach um den schrecklichen Kontrollverlust bei der Panne und die anschließende Sorge um Doxis Sicherheit zu vergessen.

Am Ende ist uns ja nichts passiert und den Schaden am Womo kann man beheben. Dennoch: Das war wirklich ein Sch….-Tag.

( MITI )

Panoramarunde Bad Belzig

Panoramarunde Bad Belzig
Bad Belzig, 22.04.2019

Wunderbar blühen die Obstbäume rund um Bad Belzig gerade

Tag
9
Wenn eine Wanderung den Begriff „Panorama“ im Titel trägt, ist das in der Regel ein verheißungsvolles Zeichen. So auch bei dieser wunderschönen Wanderung, die uns heute 16 km rund um Bad Belzig im Hohen Fläming geführt hat. Hier befand sich einst der geografische Mittelpunkt der DDR.

Wir stehen an der Stein-Therme am Stadtrand, allerdings nicht auf dem offiziellen Womo-Stellplatz dort, denn der ist von englischen Tinkerern mit ihren Wohnwagen belegt. Aber für uns kein Problem, denn wir sind ohnehin nicht auf Strom angewiesen.

Nachdem ich im Feld neben dem Großparkplatz der Therme mein Morgen-Yoga praktiziert habe, mache ich mich mit Doxi auf den Weg. Zunächst geht es in das historische Zentrum der Stadt mit dem schönen Marktplatz und der historischen Burg Eisenhardt auf dem Bricciusberg oberhalb der Altstadt.

Belzig wurde erstmals 997 als Burgward urkundlich erwähnt. In der Gegend der Burg soll es eine Höhensiedlung der späten Bronzezeit gegeben haben. Um das Jahr 1200 ließ Graf Siegfried von Belzig erstmals eine massiv gebaute romanische Steinburg errichten.

Im Verlauf des Dreißigjährigen Krieges wurde die Burg durch schwedische Truppen stark beschädigt. Mit ihrer Wiederherstellung wurde erst in den 1680er Jahren unter Kurfürst Johann Georg III. begonnen. Nach der Abschluss der Sanierungen weihte der Fürst die Burg 1691 neu ein.

Von Burg Eisenhardt führt uns der Panoramaweg bei herrlichem Frühlingswetter hinaus in die leicht gewellte Landschaft rund um Bad Belzig. Es geht über ausgedehnte Feldflächen, durch dichte Kiefernwälder und vorbei an der Gedenkstätte für ein Außenlager des KZ Ravensbrück im Zweiten Weltkrieg.

Anders als gestern bei unserer Wanderung rund um Wiesenburg stoßen wir dabei immer wieder auf Bäche und Wasserflächen, an denen Doxi sich stärken kann. Und sie macht davon intensiv Gebrauch, denn ihr ist in der starken Frühlingssonne ganz schön warm.

Nach vier Stunden erreichen wir wieder unseren Startpunkt an der Therme. Ich freue mich auf die Sauna dort heute Abend. Aber erst laufe ich mit Doxi nach der Mittagspause noch ein wenig …

( MITI )

Doxi unter Wölfen

Doxi unter Wölfen
Wiesenburg/Mark, 21. April 2019

„Wölfe“, Skulptur von Marion Burghouwt aus dem Jahre 2010. Für Doxi scheinen sie nicht sehr real zu sein 🙂

Tag
8
Das war ein bewegter und ereignisreicher Ostersonntag heute. Am Morgen bin ich mit Doxi den 26 km langen Rundwanderweg 60 von Wiesenburg nach Grözke gelaufen. Am Abend dann noch einmal 12 Kilometer in Richtung Bad Belzig.

Trockene, sandige Böden und endlos scheinende Kiefernwälder bestimmen die Landschaft. Es ist viel Wild unterwegs. Und zwischen Wiesenburg und Bad Belzig begegnen uns immer wieder Kunstwerke mitten im Wald.

In der Mittagspause zwischen den beiden Wanderungen dann eine böse Überraschung: Plötzlich knallt es und das Wohnmobil bekommt einen Schlag.

Ein führerloser PKW ist rückwärts rollend in die Seite des Wohnmobils gekracht. Der Fahrer hatte wohl versäumt, die Handbremse zu arretieren, und so hat sich sein Fahrzeug auf dem leicht abschüssigen Parkplatz selbständig in Bewegung gesetzt.

Es dauert eine Weile, bis die Polizei eintrifft und wenig später erscheint auch der völlig verdutzte Halter, ein älterer Herr, der sich maßlos über seinen Fehler ärgert. Mein Wohnmobil hat eine Beule und ein paar Kratzer an den seitlichen Zierleisten abbekommen. Aber die Fahrtüchtigkeit scheint nicht beeinträchtigt. Ich hoffe, das ist tatsächlich so und ich habe noch einmal Glück im Unglück gehabt.

( MITI )

Im hohen Fläming

Im hohen Fläming
Wiesenburg/Mark, 20.04.2019

Schloss Wiesenburg in Wiesenburg/Mark im südwestlichen Brandenburg

Tag
8
Was für ein Kontrast! Nach dem pulsierenden und bunten Leben in der Großstadt Leipzig sind wir nun in einer ganz und gar ländlichen Region angelangt: im Hohen Fläming im Südwesten von Brandenburg.

Die Landschaft hier ist flach, sandig, trocken und stark bewaldet, die Wirtschaft strukturschwach, die Menschen vielfach arm, eigenbrötlerisch und wenig freundlich gegenüber Fremden. Und im Supermarkt trägt jeder fünfte männliche Erwachsene ein Nazi-Shirt. Aber die ist Natur richtig schön und auch das Schloss Wiesenburg, an dessen Park wir stehen.

Die Wurzeln der Anlage gehen auf eine mittelalterliche Burg aus dem 12. Jahrhundert zurück. Deren ältester noch bestehender Teil ist der 50 Meter hohe Bergfried an der Nordostseite der Anlage.

Sein heutiges Aussehen im Stil der Neorenaissance erhielt das Schloss bei Umbauarbeiten im 19. Jahrhundert. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde das Schloss als Internat genutzt. 1998 wurde es an private Investoren verkauft, die es umfassend sanierten und in exklusive Wohnungen und Büroräume umwandelten.

Der dazugehörende, öffentlich zugängliche Schlosspark erstreckt sich zwischen dem Schloss und dem zwei Kilometer entfernten Bahnhof Wiesenburg und steht seit 1982 unter Denkmalschutz.  Als ich am Abend mit Doxi von einer zwölf Kilometer langen Wanderung zurückkehre, sitze ich noch ein wenig im Schlosspark und genieße die wunderschöne Anlage. So einen Garten möchte ich haben – aber dann bitte auch das Geld für den Gärtner 🙂

( MITI )

Ferropolis – Stadt aus Eisen

Ferropolis – Stadt aus Eisen
Gräfenhainichen, 20.04.2019

Doxi vor dem Schaufeldradbagger „Big Wheel“

Tag
7
Von Bitterfeld fahren wir weiter nach Gräfenhainichen östlich von Dessau zum Industriemuseum Ferropolis, das sich die „Stadt aus Eisen“ nennt. Auf einer Halbinsel im früheren Tagebau Golpa-Nord werden dort riesige ausrangierte Bagger aus dem Braunkohletagebau ausgestellt.

Ursprünglich befanden sich an dieser Stelle die Werkstätten, die Energieversorgung und die Sozialeinrichtungen des Tagebaus, der zum Bitterfelder Bergbaureviers gehörte.

Nach dem Ende des Braunkohlebergbaus 1991 entstand durch die Stiftung Bauhaus Dessau die Idee eines Freilichtmuseums, für das man fünf Großgeräte zusammenführte.

Neben einem Eimerkettenschwenkbagger (Spitzname „Mad Max“) und einem Schaufelradbagger („Big Wheel“) werden auch zwei Absetzer („Gemini“ und „Medusa“) und ein Raupensäulenschwenkbagger („Mosquito“) ausgestellt.

In der ehemaligen Stromversorgungs-Station ist zusätzlich neben der Schaltwarte, den Knochen eines ausgegrabenen Waldelefanten und den Spuren des Braunkohlebergbaus auch eine Ausstellung zur Vermessungstechnik (Markscheiderei) zu sehen. Und seit 2006 betreibt das Standesamt Gräfenhainichen in der stillgelegten Schaltwarte des Tagebaus Golpa-Nord eine Nebenstelle für Hochzeiten.

Die ungewöhnliche Industriekulisse direkt am See wird regelmäßig für Open-Air-Konzerte genutzt. Unter anderem traten dort bereits Die Ärzte, Die Toten Hosen, Linkin Park, Herbert Grönemeyer, Udo Lindenberg, Nena, Deep Purple und Alice Cooper auf.  Ein wirklich faszinierender Ort.

( MITI )

Meisterhäuser Dessau

Meisterhäuser Dessau
Dessau, 20. April 2019

Stil prägend sind die klaren kubischen Formen und die großen Glasflächen

Tag
7
Dessau hat sich in den letzten Jahren zu einer Art Pilgerort für mich entwickelt. Das Bauhaus, die Garten- und Parklandschaft Dessau-Wörlitz – ich bin einfach total fasziniert davon. Jetzt war ich schon zum dritten Mal in Dessau, weil die Meisterhäuser an der Ebertallee frisch renoviert wurden und erstmals wieder vollständig der Öffentlichkeit zugänglich sind.

Dort, in der Nähe des Bauhauses, baute Walter Gropius vor knapp einhundert Jahren die wegweisenden Häuser als Unterkunft für die Meister des Bauhauses. Gleichzeitig dienten sie als Musterhäuser für modernes Wohnen. Als Bauherr trat die Stadt Dessau auf, die Bauhausmeister wohnten zur Miete.

Umringt von Kiefern stehen dort von Ost nach West das Einzelhaus Gropius, sowie jeweils die Doppelhäuser Moholy-Nagy/Feininger, Muche/Schlemmer und Kandinsky/Klee. Die drei Doppelhäuser weisen identische Grundrisse auf, wobei die eine Hälfte jeweils um 90 Grad gegenüber der nachfolgenden gedreht wurde.

Kennzeichnend für die Architektur der Häuser und stilistisch wegweisend waren die kubische Form mit Flachdach, große einfarbige Flächen und enorme Fenster. Diese schufen eine Verbindung zwischen Innen und Außen, die auch durch die großen Terrassen und Balkone betont wurde. Prägende Bauelemente in den verschiedenen Räumen waren auch die massiven Heizkörper der Zentralheizung, zu dieser Zeit ein starkes Symbol für den Komfort der „Moderne“.

Meisterhäuser Dessau

Farbe im Treppenhaus

Ein Teil der Häuser wurde im Zweiten Weltkrieg zerstört, die anderen verblassten über die Jahrzehnte. Die noch bestehenden Häuser wurden nun instand gesetzt und unter der Federführung des britischen Architekten David Chipperfield durch passende Neubauten ergänzt. Dabei wurde auch versucht, die ursprüngliche farbliche Gestaltung der Innenräume gemäß der Farbenlehre des Bauhauses wieder herzustellen.

Die abstrakten weißen Formen, ihre starke Öffnung nach außen, kombiniert mit den lebendigen, sehr harmonisch wirkenden Farben der Innenräume – ich bin wieder einmal total begeistert von den Meisterhäusern. Und der große Besucherandrang zeigt: viele andere Menschen auch. Als ich Dessau wieder verlasse, fühle ich mich richtig ein wenig beseelt. Keine Frage: So würde ich auch gerne wohnen.

( MITI )