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10Wir arbeiten uns weiter in südlicher Richtung voran. Unsere nächste Station ist die alte Hansestadt Deventer, unmittelbar an der Ijssel gelegen.
Deventer war im Mittelalter eine blühende Handelsstadt. Davon zeugt beispielsweise das prächtige Haus der Waage auf dem Marktplatz „Brink“, heute Sitz des Stadtmuseums. Außerdem besitzt die Stadt mit Lebuinuskirche eine sehr große Kirche mit hohem, weithin sichtbaren Turm.
In der historischen Altstadt stehen noch viele Häuser aus dem 17. Jahrhundert neben klassizistischen Bauten aus dem 19. Jahrhundert. Das älteste Haus stammt von 1273.
Wie auch die anderen Handelsstädte an der Ijssel setzte in Deventer am Ende des Mittelalters ein wirtschaftlicher Niedergang ein, nachdem fallende Wasserstände der Ijssel keine Fahrten mit großen Handelsschiffen bis zur Nordsee mehr zuließen.Heute ist die Wirtschaft Deventers von der Druck- und Verpackungsindustrie geprägt. Produkte aus Deventer sind z. B. Blechdosen und Kunststoffbecher.
Die Stadt ist bei Touristen sehr beliebt. Als wir am Samstagnachmittag auf dem Camping-Platz am Ijsselufer gegenüber der Altstadt eintreffen, ist dieser schon komplett belegt. Zunächst werden wir abgewiesen, doch dann gibt sich der Platzwart einen Ruck, setzt sich aufs Fahrrad und sucht für uns ein kleines Eckchen, wo wir uns noch hineinquetschen können.
Als dann am Sonntagmorgen viele Wochenendgäste abreisen, ergattern wir einen perfekten Platz direkt am Ijsselufer. Von dort haben wir einen wunderbaren Blick auf das Wasser und die Skyline der Stadt am anderen Ufer.
Auf unserem langen Spaziergang durch die Stadt entdecken wir nicht nur viele schöne Häuser und Plätze, sondern auch Gedenkhaus für Etty Hillesum. die „Anne Frank von Deventer“. Die assimilierte Jüdin und studierte Juristin führte während der deutschen Besetzung der Niederlande bis zu ihrer Ermordung im KZ Auschwitz 1943 ein Tagebuch.
Darin spiegelt sich ihre menschliche und spirituelle Entwicklung unter den Bedingungen von Krieg und Verfolgung wider. Auszüge daraus wurden erstmals 1981 international veröffentlicht und fanden großes Interesse. Es ist nicht der erste Moment auf unserer Holland-Reise, in dem ich mich als Deutscher für die Sünden unserer Großväter-Generation schäme, aber vielleicht der eindringlichste.