Ich verlasse den Darß und durchquere das Fischland in Richtung Westen, um die Bernsteinstadt Ribnitz-Damgarten östlich von Rostock am Südrand des Saaler Bodden zu besuchen.
Im ehemaligen Kloster im Ortszentrum ist das größte deutsche Bernsteinmuseum untergebracht, und das nicht von ungefähr.
Denn in Ribnitz war der VEB Ostseeschmuck ansässig, der in der DDR bedeutendste Produzent und Exporteur von in Silber eingefasstem Bernsteinschmuck.
Mehr als dieses Thema fasziniert mich jedoch die oben abgebildete Tafel, die ich am Rathaus entdecke.
Als die Front im Osten zusammenbrach, sollten kurz vor Kriegsende Anfang Mai 1945 800 verbliebene Insassen aus Ravensbrück, dem größten KZ für weibliche Häftlinge, auf einem Todesmarsch nach Westen getrieben werden.
Wer nicht mehr weiterkonnte, wurde am Wegesrand erschossen oder erschlagen. Doch beim Durchqueren von Ribnitz stellten sich die Bürger den SS-Kommandos entgegen und bewogen die bereits demoralisierten Restverbände zum Abzug ohne ihre Geiseln. Die Frauen wurden dadurch gerettet. Was für eine Heldentat.
Rostocker Tor
Rathaus von Ribnitz
Marktplatz mit Kirche und Brunnen
Pfarrkirche von Ribnitz
Doxi versucht sich am Brunnen
Häuser am Markt
Häuser am Markt
Skulptur an der Uferpromenade des Saaler Boddens
Fischerboot im Hafen
Blick vom Bodden zur Innenstadt
Haus in der Fischergasse
Deutsches Bernsteinmusem
Seitlicher Blick auf die ehem. Klosterkirche, heute Bernsteinmusuem
Darß (slawisch „Dornenland“) nennt sich der mittlere Teil der Halbinsel Fischland-Darß-Zingst an der südlichen Ostseeküste bei Prerow in Mecklenburg-Vorpommern.
Der Darß hat eine Ausdehnung von zehn bis zwölf Kilometern jeweils in Nord-Süd- und West-Ost-Richtung. Im Norden wird er von der Ostsee und im Süden vom Saaler Bodden und vom Bodstedter Bodden begrenzt.
Er umfasst die Dörfer Born, Prerow und Wieck, ist größtenteils bewaldet und geht an der Küsten über feinen Sandstrand ins Meer über.
Die nördlichste Landzunge dieser Halbinsel bildet der Darßer Ort, der als nationales Geotop geschützt und nur zu Fuß bzw. mit dem Fahrrad zugänglich ist.
Dort befindet sich ein Leuchtturm und eine Marinefunkstation, sowie ein kleines Naturparkzentrum. In diesem Bereich war ich heute Morgen unterwegs, weil sich dort eine hoch spannende Landbildung quasi in Zeitlupe verfolgen lässt.
Der Darßer Ort ist durch Sand- und Sedimentablagerungen entstanden. Diese wurden durch Westströmung an der Küste der Halbinsel Fischland abgetragen und haben sich am Darßer Ort wieder angelagert. Dieser Prozess setzt sich bereits seit mindestens 250 bis 300 Jahren fort.
Weiterhin kommt es am Darßer Ort zur Entstehung neuen Landes beziehungsweise der Abtrennung von Teilen der Ostsee, aktuell der Ottosee, Libbertsee und Fukareksee, und anschließender Verlandung.
In einem Prozess über mehrere Jahrzehnte wächst auf den verlandeten Flächen dichter Wald. Das lässt sich im Darßer Wald beobachten, wo sich ca. 6 Kilometer weiter südlich von der heutigen Küste mitten im Wald die Abbruchkante das „Altdarß“ befindet, die die ursprüngliche Küstenlinie darstellt. Was für eine Dynamik der Natur.
Offizieller Stellplatz der Stadt auf Schotter. Teilweise unter Bäumen. Tagsüber nahe Straße, Nachts ruhig.
Als am Vormittag wie angekündigt ein großes Regengebiet aufzieht, suchen wir uns ein trockenes Plätzchen gegenüber des Darß am südlichen Ufer des Barther Boddens.
Wir stellen uns auf den offiziellen Womo-Stellplatz im Ort Barth und lassen den Regen über uns hinwegziehen. Als am Nachmittag wieder die Sonne erscheint, unternehme ich mit Doxi eine zweistündige Wanderung über die Halbinsel zwischen Barther Strom und Barther Bodden.
Es geht immer am Wasser entlang durch das wildreiche Feuchtgebiet Kuhwiese. An einer Stelle überraschen wir sechs Frischlinge, die gerade im Uferbewuch des Barther Boddens wühlen.
Wo die Frischlinge unterwegs sind, wird die Bache nicht weit sein. Ich leine Doxi an und vorsichtig schleichen wir uns an der Stelle vorbei. Einzelne Wildschweinchen verdrücken sich leise quiekend ins Ufergras, andere bekommen von uns glücklicherweise gar nichts mit.
Auf dieser Landzunge befand sich im Zweiten Weltkrieg das erste permanente Kriegsgefangenenlager für Angehörige der alliierten Luftstreitkräfte. Es wurde von der Deutschen Luftwaffe verwaltet.
Am Ende des Krieges war das Lager mit 9000 Inhaftierten völlig überbelegt. Die Zuständen waren fürchterlich. Insbesondere sowjetische Militärangehöre – ob Mannschafts- oder Offiziersdienstgrade – hatten aufgrund der nationalsozialistischen Rassenideologie nur geringe Überlebenschancen.
Von den wenigen, die das Kriegsende dennoch überstanden und in die Sowjetunion zurückkehrten, landeten nicht wenige in Straflagern, weil Stalin alle Sowjetsoldaten, die in die Hände des Gegners gefallen waren, als Verräter betrachtete. Wie zynisch.
Das Kunstmuseum Ahrenshoop 2013 (Bildquelle: Kunstmuseum Ahrenshoop)
Bald hinter Graal-Müritz verengt sich das Land zu einem schmalen Küstenstreifen. Die enge Passage zwischen Ostsee und Saaler Bodden schafft eine Verbindung zwischen dem Festland und dem Darß. In diesem Bereich liegen die Seebäder Dierhagen, Wustrow und Ahrenshoop.
Mir ist das hier eigentlich alles zu touristisch, doch als wir durch Ahrenshoop kommen, klingelt in mir irgendetwas und ich steuere instinktiv einen Parkplatz an. Richtig, Ahrenshoop, das war doch der Name einer bekannten Künstlerkolonie an der Ostsee, das muss genau hier sein.
Also laufen wir ein wenig herum und stoßen nach wenigen hundert Metern auf das futuristisch wirkende Kunstmuseum Ahrenshoop, das aus dieser Tradition hervorgegangen ist.
Leider sind wir zu früh dran, um das Museum zu besuchen, doch ein Blick in die Wikipedia offenbart die ganze Geschichte dieser einst ruhmreichen Künstlerkolonie.
Das heutige Kunstmuseum Ahrenshoop sieht seine Aufgabe darin, die frühere Künstlerkolonie im Kontext der Zeitgeschichtliche, ihrer Verwerfungen und der deutsch-deutschen Geschichte wiederzuentdecken.
Gezeigt werden u. a. Werke von Elisabeth von Eicken, Paul Müller-Kaempff, Anna Gerresheim, Cesar Klein, Alfred Partikel, Ernst Wilhelm Nay, Karl Hofer, Edmund Kesting und Wolfgang Mattheuer.
Der Museumsbau präsentiert sich als eine Gruppierung von fünf Kuben, die an stilisierte Reetdachhäuser erinnern mögen, und innen zu einem Ausstellungsbau verschmelzen. Als Besonderheit wird Tageslicht durch integrierte Prismen in die Räume projiziert und so ein nahezu schattenfreies Raumlicht geschaffen. Faszinierend, würde Commander Spock vermutlich sagen, und ich kann mich dem nur anschleßen 🙂
Steilküste bei Ahrenshoop (Foto Nikater | http://commons.wikimedia.org | Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE)
Weststrand auf dem Darß nahe Ahrenshoop (Foto Jörg Braukmann | http://commons.wikimedia.org | Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE)
Segler im Hafen von Ahrenshoop am Saaler Bodden
Feuchtgebiet am Rande des Saaler Boddens
Kleines Künstlerhaus
Kunstkaten in Ahrenshoop (Foto Nikater: | http://commons.wikimedia.org | Lizenz: CC BY-SA 3.0 DE)
Folgt man von Rostock der Küstenlinie in östlicher Richtung, kommt erst einmal eine Weile keine Siedlung, sondern die Rostocker Heide, der große Stadtwald von Rostock.
Am Rande des ausgedehnten Waldgebiets habe ich mit Doxi die Nacht verbracht und bin mit ihr dort auch noch ein wenig gewandert.
Östlich der Rostocker Heide erstreckt sich das Ostseeheilbad Graal-Müritz mit seinem kilometerlangen, feinen Ostseestrand. Weil ich ohnehin weiter nach Osten in Richtung Darß möchte, machen wir dort früh am Morgen als erstes Station.
Eigentlich dürfen Hunde dort an den Strand, doch um kurz vor halb Acht am Morgen schert das auch die Einheimischen Hundegänger wenig.
Leider ist kein schönes Wetter, alles ganz grau und bewölkt, doch man kann sich vorstellen, dass sich hier bei Sonnenschein ein wunderschönes Bade- und Wassersportrevier erstreckt.
Rostock, du schöne Hansestadt, ich dachte, wir seien uns schon einmal begegnet. Doch nun muss ich feststellen, das war nur Rostock-Warnemünde, der Küstenort mit dem Badestrand und dem großen Seehafen.
Das eigentliche Rostock liegt fast zwölf Kilometer weiter im Inland am Oberlauf der Warne, die sich bei Warnemünde ins Meer ergießt. Und die Keimzelle von Rostock, die historische Altstadt, habe ich mir heute einmal angeschaut.
Das historische Rostock wurde durch die Lage am Meer, den Hafen und die Universität geprägt, die 1419 gegründet wurde.
Seine Stadtrechte erhielt Rostock jedoch bereits zwei Jahrhunderte zuvor, am 24. Juni 1218. Und seit 1283 Mitglied der Hanse, blühte die Stadt im frühen Mittelalter rasch auf.
Bis heute sind aus dieser Zeit eine Reihe von Bauten der Backsteingotik erhalten. Viele weitere Baudenkmäler in Rostock zeugen von der überregionalen Bedeutung der Stadt bis in die frühe Neuzeit.
Lange war das städtische Leben im 19. und 20. Jahrhundert durch den Schiffbau und den Hafen geprägt. In der DDR-Zeit wurde Rostock zum bedeutendsten Hafen der DDR ausgebaut und die Stadt systematisch durch neue Stadtgebiete erweitert. In der Spitze hatte die Stadt eine Viertelmillion Einwohner.
Typische Backsteingotik in der Haupteinkaufstraße
Doch nach dem Ende der DDR und dem Niedergang der Schiffbauindustrie verlort Rostock zwischen 1990 und 2000 rund ein Fünftel seiner Einwohner durch Abwanderung,
Heute ist die Universität mit der Universitätsklinik größter Arbeitgeber der Stadt. Viele weitere Arbeitsplätze entstanden im Tourismus und im Dienstleistungssektor.
Ich muss feststellen, dass es gar nicht so leicht ist, mit dem Wohnmobil nahe an das historische Zentrum von Rostock heranzukommen. Also parke ich ein wenig außerhalb und mache mich mit dem Fahrrad auf ins Zentrum.
Als erstes begegnet mir das imposante frühere Ständehaus, heute Sitz des Oberlandesgerichts, daneben das prächtige Steintor. Dann fahre ich hinunter zum Binnenhafen und von dort in einer Schleife entlang der früheren Wehrmauern einmal rund um und durch das Zentrum. Das hatte ich bei meinem ersten Besuch in der Region vor einigen Jahren tatsächlich alles noch nicht gesehen. Habe ich wohl was verpasst …
Wanderkarte unserer Tour
Früheres gotisches Standeshaus, heute Oberlandesgericht
Was für eine Fassade
Rosengarten auf den früheren Wallanlagen
Musikhochschule am Rosengarten
Steintor, Stadtansicht
Oberlandesgericht und Stadttor
Nikolaikirche mit Wohnungen im ausgebauten Dachgeschoss
Altes Pfarrhaus neben der Nikolaikirche
Historisches Kuhtor
Stadtmauer am Kuhtor
Stapelhaus in Hafennähe
Mittelalterlicher Stapelkran
Historischer Hof an der Marienkirche
Marienkirche
Südfassade der Marienkirche
Mitten in der Altstadt
Häuser zwischen Binnenhafen und Langer Straße
Häuser zwischen Binnenhafen und Langer Straße
Häuser zwischen Binnenhafen und Langer Straße
Hochhaus an der Langen Straße im Stil eines backsteingotischen Giebelhauses
Rückseite des Hochhauses
Brunnen der Lebensfreude am Universitätsplatz
Hauptgebäde der Universität
Zoologische Sammlung der Universität
Panoramabild vom Stadteingang
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